Von der „vergesslichen Luise“ zur Expertin für Gehirnjogging

 

Als junges Mädchen, auch später als Lehrerin, hatte ich von mir selbst immer das Gefühl, vergesslich zu sein. Vor allem, was meinen Alltag betraf. Ich habe ein kleines Vermögen an Sonnenbrillen, Regenschirmen, Schreibgeräten liegen gelassen. Ich habe mir auch die Namen meiner Schüler*innen zunächst nicht so gut merken können. Und als dann mein Opa und später auch meine Tante beide in ihren letzten Lebensjahren an Alzheimer erkrankten, da begann ich mir wegen meiner Vergesslichkeit schon leise etwas Sorgen zu machen …

… und es hat „Klick!“ gemacht!

Eines Abends, im März 1993, sitze ich in einem Vortrag von Prof. Gunter Iberer (Universität Graz), und er stellt uns die Merkmethoden der antiken Redner dar. Zeigt, uns, wie diese sich ihre oft stundenlangen Reden gemerkt haben … ganz ohne Moderationskärtchen oder Powerpoint. Gleich am nächsten Tag habe ich es selbst ausprobiert. Ich wusste – DAS wird meins!

Mein Hauptberuf damals war Pädagogin – Professorin für Englisch, Sport und Persönlichkeitsbildung an einer Handelsakademie. So war ich in der Schule bald bekannt als die Lehrerin, die sich in Supplierstunden von ihren Schüler*innen 30 willkürliche Wörter sagen ließ, die jemand an der Tafel festhielt. Und dann wurde ich geprüft – was war Wort Nr.17? Nr.21? Nr. 8? Für jedes Wort, das ich nicht wusste, bekam ich ein Minus. Viele waren’s nie, ein wenig zum Leidwesen, aber auch zur Faszination meiner Schützlinge.

Von den Gedächtniserfolgen
als Trainerin einer Juniorenmannschaft …

So war es 1999 nicht schwer, ein paar Interessierte zu motivieren, an der ersten Memoriade für junge Menschen im Naturhistorischen Museum in Wien mitzumachen. Die Erfolge meiner Schützlinge, auch in den Jahren danach bis 2004 (als diese Österreichischen Gedächtnismeisterschaften mangels Sponsoren eingestellt wurden) waren überwältigend. Bei den Gedächtnisweltmeisterschaften in Kuala Lumpur im Jahr 2003 holte die überaus talentierte Astrid Plessl den Frauen-Gedächtnisweltmeistertitel nach Mürzzuschlag in die Steiermark!

… zu eigenen Meilensteinen

2001 gab es die ersten Gedächtnismeisterschaften (Mind Games)  für Erwachsene – ich fuhr als Erste Österreichische Gedächtnismeisterin nach Hause, verteidigte meinen Titel auch 2002. Es folgte eine Einladung zur Guinness Show der Rekorde (ARD), ich stellte dort einen Weltrekord im Stufen Memorieren auf und landete so im Guinness Buch der Rekorde 2003. Nach der Sendung bekam ich Anrufe von Unternehmen „Frau Sommer, das möchten wir von Ihnen lernen!“

Das war der Sprung

in mein zweites Standbein als Impulsvortragende – eine Berufung, der ich bis heute mit Begeisterung nachgehe. Es macht immer noch (und immer mehr) Freude, andere Menschen anzustecken, ihnen zu zeigen, wie einfach auch sie sich Namen, Passwörter & Co. besser merken können.

Was es mit und aus mir gemacht hat

Meine Faszination für das Thema Gedächtnistraining hat in meinem Leben Weichen gestellt. Sie hat mich zunächst als Trainerin, dann selbst als Gedächtnisathletin, zum Gedächtnissport gebracht. Dort konnte ich am eigenen Leib, oder besser: Geist, erleben, welches Potenzial unser Gedächtnis hat, wenn wir es mit wirksamen Werkzeugen trainieren und in Schwung halten. Methoden, die uns auch in Momenten höchster Anspannung nicht im Stich lassen.

Je mehr Jahresringe ich meinem Lebensbaum hinzufügen darf, desto spannender wird dieses Thema für mich. Stimmt es wirklich, dass unser Gedächtnis mit zunehmendem Alter immer schlechter wird und wir uns mit unserer Vergesslichkeit einfach abfinden müssen?

Meine Antwort: ein entschiedenes NEIN.

Es liegt so viel in
unserer Hand

was wir zu einem guten, verlässlichen Gedächtnis beitragen können – zu jedem Zeitpunkt in unserem Leben. Nicht zuletzt deshalb habe ich 2016, nach 12 Jahren Pause, an den Gedächtnisweltmeisterschaften in Singapur teilgenommen. Diesmal in der Kategorie 60+ – und es war mein erklärtes Ziel, besser zu sein als „Luise 2004“ in Manchester, UK. Bei der Siegerehrung zum Senior World Memory Champion die österreichische Bundeshymne zu hören, gehört zu den Gänsehautmomenten meines Lebens. Ich  wusste (und habe es in meiner kurzen spontanen Speech auch gesagt):

Damit mache ich allen Menschen Mut, unabhängig vom Alter an ihr Gedächtnis, ihre geistige Leistungsfähigkeit zu glauben!

Was es mir heute gibt

Zunächst als pure Faszination begonnen, hat mir das Thema „Gutes Gedächtnis“ und „Gehirnjogging“ viele weitere Fenster der Erkenntnis geöffnet. Im Sinne von: nicht nur mehr merken, sondern auch: mehr BEmerken.

Ich gehe heute mit viel mehr AufMERKsamkeit durch mein Leben. Kultiviere bewusst meine Dankbarkeit, die sich erwiesenermaßen positiv auch auf unser Gedächtnis auswirkt. Ich achte auf meine Worte, mit denen ich in meinen Gedanken mit mir selbst rede. Das Thema Meditation (für das ich nie Zeit zu haben glaubte) hat mich gefunden, nicht zuletzt durch Podcasts und Online-Kurse der sympathischen, trotz ihrer Jugend schon so weisen Laura Malina Seiler. Dass wir beide LMS als unsere Initialen haben, ist ein wunderbarer Zufall des Lebens!

Mehr in den Medien

Wo trifft man mich sonst noch?

 

 

Am Berg – zu jeder Jahreszeit. Ich habe das Glück, in einer Gegend zu wohnen, wo ich innerhalb kürzester Zeit den Alltag unter mir lassen kann … wunderbar!

 

 

Am Wasser – egal, ob Meer, See oder Pool. Hauptsache: drinnen schwimmen oder einfach nur darauf blicken zu können!

 

 

Bei meinen Blumen im Garten. Sie geben mir so viel Liebe zurück!

 

 

Mit Scooter (fußbetrieben! ;-)) durch Wien oder Hamburg flitzend.

 

Mit meinen zwei quirligen Enkelsöhnen, und seit neuestem auch auf meiner Cajon.  Es macht so viel beflügelnde  Freude, dieses Rhythmusinstrument zu erlernen. Beim gemeinsamen Memorieren eines Textes mit dem Publikum kam es sogar schon bei einem Impulsvortrag zum Einsatz (unter „Aktuelles“ mitzuerleben).